Der Design Thinking Sprint ist ein gut strukturierter Prozess, der die Zusammenarbeit der beteiligten Personen koordiniert, Spaß macht und in der aktuell herausfordernden Situation die Teilnehmenden, Kunden und auch Mitarbeitende motiviert. Wie diese Methode Unternehmen dabei helfen kann, sich zukunftsfähig aufzustellen, zeigt folgendes Beispiel aus dem Beratungsalltag unserer Design Thinking Expertin Rike Ullenbaum.
Zur Ausgangslage des Projekts: Ein Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens aus dem Bereich IT-Zulieferer für Banken und Sparkassen muss seine Mannschaft in kürzester Zeit dazu bringen, sich auf eine neue Arbeitsweise einzulassen, weil ein Liefertermin vorgezogen wurde. Aufgrund der momentanen Corona-Pandemie weiß er nicht, wie er die Mitarbeiter*innen im Homeoffice mitnehmen kann. Aber er weiß, dass er jetzt etwas liefern muss und will seine Organisation in eine neue, innovative Welt mitnehmen und gemeinsam an passgenauen Ideen arbeiten.
Der vorliegende Notstand und die Veränderungsnotwendigkeit kann allen Beteiligten schnell und plakativ aufgezeigt werden. Ein Design Thinking Prozess wird angestoßen, bei dem der Business Need in den Mittelpunkt gestellt wird: Wenn die Firma keine begeisternde erste Idee für das Produkt abliefert, verliert sie den größten Kunden und langfristige Verträge sind in akuter Gefahr.
Die Aufgabe ist es, ein bestehendes und veraltetes IT-Tool neu zu konzipieren und besonders nutzerfreundlich zu gestalten. Es bleiben exakt zwei Wochen, um einen Produktvorschlag beim Kunden zu liefern.
In drei Tagen zu einem innovativen Prototyp
In einem zweistündigen Gespräch zwischen der Design Thinking Beraterin von PRAXISFELD mit dem Geschäftsführer und dem Product Owner wird vorab der Bedarf geklärt und auf den Punkt gebracht, was in welcher Zeit erreicht werden muss.
Die Aufgabe wird in Teilbereiche gegliedert, die Teams zugeordnet werden können. Aufgrund der Pandemie muss der Design Thinking Prozess zudem online stattfinden. Es stehen drei agile Teams mit je vier Personen zur Verfügung. Um die Nutzerperspektive abbilden zu können, wird pro Team ein Kundenberater hinzugeholt. Zusätzlich wird auch noch vom Auftraggeber ein Ansprechpartner gestellt, der die erarbeiteten Ideen beurteilen kann.
Nach dieser Vorarbeit startete der Design Thinking Sprint. Jedes der drei Teams arbeitet dazu an zwei Vormittagen jeweils vier Stunden online über MS Teams zusammen. Nach einer kurzen Einführung in die Design Thinking Arbeitsweise und Haltung werden die ersten drei Schritte des Design Thinking Prozesses im ersten Workshop durchgegangen, im zweiten Workshop folgen die drei letzten Phasen des Prozesses.
Die Teams klären sich den Auftrag mittels eines Creative Reframing selbst. Anhand einer Ausgangsfragestellung, die in der Auftragsklärung bereits entwickelt wurde, beginnt man das Problem zu verstehen, beobachtet den Nutzer in seinem Umgang mit der Problemstellung, legt sich auf den zentralen Schmerzpunkt fest, indem man die zentrale Herausforderung formuliert und entwickelt Ideen zur Lösung, die sehr nah am Nutzerbedürfnis sind. Daraus entwirft das Team niederschwellige Prototypen, zeigt sie dem Nutzer und wartet auf Feedback. Zum Schluss werden weitere Schritte definiert, wie mit dem Prototyp weitergemacht wird.
Die Workshops sind jeweils hinterlegt mit verschiedenen vorbereiteten Lern- und Innovationslandschaften. Es kamen verschiedene Kreativmethoden zum Einsatz, um den Ideenraum zu öffnen und diesen sehr stark zu erweitern. Durch diese gezielten Methoden kann eine Idee ausgewählt und weiterbearbeitet werden.
Online-Prototyping
Und wie funktioniert Prototyping online? Online stehen uns andere Mittel zu Verfügung. Die schöpferische Kreativität, die im Internet steckt, wird genutzt. Die Teilnehmer*innen haben Icons, Bildchen sowie assoziativ sprechende Bilder rausgesucht, tatsächlich auch selber mit Stift und Papier gemalt und alles sehr bildlich dargestellt. Es wird viel visualisiert. Das Feedback des Users wurde in die jeweiligen Prototypen eingearbeitet und dann nächste Schritte festgelegt, wie man mit dieser Idee weiterarbeitet.
Zum Schluss gibt es noch eine kurze Retrospektive, wo ganz konkret über die Dinge gesprochen wird, die gut und schlecht gelaufen sind und die Ergebnisse der drei Teams werden zusammengebracht und weitere Schritte geplant.
Mit einer klaren Prozessstruktur schnell ans Ziel gelangen
Das dies in den sehr kurzen Arbeitseinheiten so hoch effizient erarbeitet werden kann, gelingt durch die klar strukturierte Führung durch den Prozess. Die Motivation in den Teams ist hoch, die Tätigkeiten können schnell und zielgerichtet synchronisiert werden und diese Synchronisation der Arbeitsstränge ist das Entscheidende. Jeder weiß, was zu tun ist und alle ziehen an einem Strang. Alle Perspektiven werden eingeholt, ohne dass die Beteiligten selbst ins Diskutieren kommen müssen.
Der Prozess wird gelenkt durch dicht getaktete Fragen und Antworten, Templates und Vordrucke, die Schritt für Schritt aufeinander aufbauen und in ganz kurzen Schleifen bis zum Ziel führen. Jedes Team kann am Ende einen Prototyp abliefern.
Die Präsentation des neuen Produktes beim Kunden war ein großer Erfolg. Besonders das tiefe Verständnis der unterschiedlichen Anforderungen und der Bedarfe hat den Kunden beeindruckt und an der Kompetenz des Zulieferers keinen Zweifel gelassen.