Führung als Funktion: Schutz bieten (als Vorgesetzter) 3/6

21.11.2023

Was wäre, wenn man Führung in Funktionen denken würde, statt ausschließlich als Aufgabe von Führungskräften?

Unter anderem hat uns diese Frage auf unserer diesjährigen Zukunftstagung von PRAXISFELD beschäftigt.

Mitarbeiter:innen erwarten von ihren Vorgesetzten, dass sie ihnen in bestimmten Situationen Schutz bieten, dass sie die brauchbaren Illegalitäten ihrer Arbeitspraxis ignorieren oder abdecken, dass sie rechtzeitig Bescheid geben, wenn der Chefchef am Horizont auftaucht und vor allem, dass die Vorgesetzten sie vor den Konsequenzen ihrer Fehler bewahren. (siehe #Luhmann: Funktionen und Folgen formaler Organisation, 1964, S. 212).

Dieses informale Inschutznehmen der Mitarbeiter:innen erhöht das Vertrauen in den Vorgesetzten, sorgt für psychologische Sicherheit bei den Mitarbeitenden und erhöht im Gegenzug informale Führungschancen des Vorgesetzten. Ein Tauschgeschäft, eine Art Win-Win-Situation.

Was passiert, wenn diese Funktion werniger stark bei Führungskräften angesiedelt wird?

Einige Entwicklungen, die wir bei unseren Kunden beobachten:

  • Das Teamgefüge wird gestärkt, wenn bereits vorher eine hohe gemeinsame Verantwortung im Team etabliert war. Fehler können besprochen werden, ohne das Team zu destabilisieren. Einzelne werden vom Team geschützt.
  • Umgekehrt beobachten wir auch, wie man sich gegenseitig genauer beobachtet und kontrolliert, wie Grüppchenbildungen zunehmen, sobald klar ist, dass es keine übergeordnete Instanz gibt, die Schutz bietet. Absicherung des eigenen Handels wird zur Devise.
  • Manche Mitarbeitenden nutzen die Gelegenheit und werden risikobereiter, übernehmen mehr Verantwortung und erarbeiten sich informalen Einfluss und damit Gefolgschaft ihrer Kolleg:innen.
  • Umgekehrt entstehen aber auch Situationen mit einem Entscheidungsvakuum. Keiner will den Kopf für eine Entscheidung hinhalten, die sich als falsch herausstellen könnte, insbesondere in solchen Unternehmen nicht, die wenig Erfahrung in der Besprechung von Fehlern haben, die Fehler nicht als Möglichkeit zur Systembeobachtung sehen, sondern lieber nach dem Schuldigen suchen.

Eine gut gelebte Praxis, die es erlaubt Fehler zu besprechen, brauchbare Illegalitäten bewusst als solche einzuordnen, Achtsamkeitsrituale (wie Gembawalks) sind gute Voraussetzungen diese Schutzfunktion auf anderem Wege zu etablieren.

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