Das VUKAbular für unruhige Zeiten

13.02.2020

Das 21. Jahrhundert wird durch Megatrends wie z.B. Globalisierung, Konnektivität, demo-grafischen Wandel und New Work zunehmend komplexer und unberechenbarer. Organisationen aus dem Profit und Non-Profit Bereich stehen vor der Aufgabe, tradierte (Führungs)-Prozesse und Strukturen zu überdenken, um in der sogenannten VUKA-Welt zu überleben.

Das Akronym VUKA steht für Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität – Rahmenbedingungen unter welchen Organisationen strukturiert und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geführt werden müssen. Der Begriff VUCA, eingedeutscht VUKA, wurde ursprünglich vom US. Army War College eingeführt, um die veränderten „Bedingungen des modernen Krieges, wie asymmetrische Kriegsführung und Selbstmordattentäter“[1] zu verdeutlichen. Nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 stieg der Bekanntheitsgrad des Akronyms exponentiell an. Mittlerweile hat der Begriff den Militärkontext verlassen und findet sich immer häufiger in der Management- und Organisationsforschung sowie der Berufs- und Wirtschaftspädagogik wieder, sodass man im Kontext gesellschaftlicher Veränderungsprozesse von einer „VUCAisierung der Berufswelt“[2] sprechen kann. Diese veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen haben Einfluss auf die personenbezogenen Anforderungen in Organisationen, wodurch „die Unterstützung der individuellen Befähigung der Mitarbeiter zur zentralen Führungsaufgabe wird“[3].

Volatilität

Durch die Dynamik der Megatrends und Veränderungsprozesse verschwinden einfache lineare Zusammenhänge. Die Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Faktoren, die auf die Organisationen einwirken, werden zunehmend verwobener und bedingen sich wechselseitig. Volatilität beschreibt diese zunehmenden und sprunghaften, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen sowie deren erhöhte Geschwindigkeit, die zu Instabilitäten und Turbulenzen führen. Beispiele für volatile Umfelder sind große Preis- und Auftragsschwankungen sowie dynamische Veränderungen an der Börse, der Eintritt neuer Spieler auf dem Markt, die in gesättigten Märkten durch disruptive Innovationen mitmischen können oder komplett neue Märkte einnehmen sowie das Verschwinden von Produkten oder sogar ganzen Branchen. Ferner finden sich diese Dynamiken wieder in dem Preisverfall sowie in den komplexer werdenden und schnell wechselnden Kundenbedürfnissen- und wünschen. Märkte werden undurchschaubarer.

Unsicherheit

In der VUKA-Welt funktioniert der „Weiter-wie-bisher-Weg“[4] nicht mehr. Eine Unsicherheit zeichnet sich ab, da Erfolgsrezepte der Vergangenheit keine Lösungen mehr bringen und für neue Probleme und Herausforderungen zu kurz greifen. Die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Variablen, die auf die Branchenumwelt Einfluss nehmen, sind vielfältig, undurchschaubar und nicht prognostizierbar. Unbekannte Faktoren sowie das „[...] Fehlen von Informationen über die Eintrittswahrscheinlichkeit und die Konsequenzen von Ereignissen“[5] erschweren die langfristige Planung von Strategien, Projekten, Entscheidungen und Investments.

Komplexität

Komplexität beschreibt die nur schwer erkennbaren Ursache-Wirkungs-Beziehungen, da Probleme oder Interventionen teils orts- und zeitversetzt auftreten. Aufgrund der Verfallserscheinungen von Erfolgsrezepten der Vergangenheit sowie den Interdependenzen, die von den vier VUKA-Kräften ausgehen, gestaltet sich das Treffen von betriebswirtschaftlichen, politischen sowie privaten Entscheidungen schwieriger.

Ambiguität

Schließlich beleuchtet Ambiguität die daraus folgende Mehr- oder Vieldeutigkeit und mögliche Fehlinterpretation der vorhandenen Informationen. Die ambigen Verhältnisse können auch zu zahlreichen Konflikten führen, da Wirkungen und Zusammenhänge von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Handlungen nur begrenzt steuer- sondern oft unvorhersehbar sind.

Weitere VUKAbeln für den Transformationsdruck

Das Akronym VUKA ist nur ein Strukturierungsansatz von vielen, der die Entwicklungen und dynamischen Zusammenhänge aus gesellschaftlichen, organisationalen und individuellen Faktoren und Rahmenbedingungen darstellt. Umweltkomplexität, Umweltdynamik und Umweltdruck sind weitere Konstrukte, die sich mit den gleichen Phänomenen des steigenden Transformationsdrucks beschäftigen. Auch der Begriff „Emergente Komplexität“ beschreibt das Phänomen einer Situation, die offen ist und sich permanent im Wandel befindet und „[...] nicht durch die Trends und Verlaufskurven der Vergangenheit vorhergesagt werden kann.“[6]. Zusammenfassend können die Herausforderungen die entstehen, beschrieben werden als die „schnellere und wirtschaftliche Bewältigung einer zunehmenden Vielfalt sich rasch ändernder Aufgaben“[7], die große Anpassungsfähigkeit und Flexibilität verlangen. Als zukunftsfähige Organisationen werden diejenigen bezeichnet, „[...] die entdecken, wie man das Engagement und die Lernfähigkeit der Menschen auf allen Ebenen der Organisation weckt.“[8]. 

Fit für die Zukunft

Zahlreiche Forschungsergebnisse, wie z.B. die Change Fitness Studie[9], zeigen, dass zu den Herausforderungen und Veränderungen der digitalen Transformation neben dem Umgang mit der VUKA-Welt insbesondere die neuen Arten der Teamarbeit durch die Öffnung der Organisations- und Abteilungsgrenzen, das Empowerment der Mitarbeitenden im Sinne der Stärkung der Autonomie und der Kreativität, die Förderung einer Führung und Kommunikation auf Augenhöhe sowie die Bedeutung der Work-Life-Balance und Gesundheit am Arbeitsplatz gehören. Zukünftig müssen Prozesse und Strukturen so gestaltet werden, dass Organisationen nicht nur auf die Herausforderungen der VUCA-Welt angemessen reagieren, sondern darüber hinaus auch die Veränderung antizipieren, proaktiv handeln und nicht in eine Schockstarre verfallen. Führungskräfte stehen vor allem vor der Herausforderung, im Sinne der organisationalen Ambidextrie Stabilität und Agilität zu vereinen.   

Autor: Bartosz Czaja

 

Literatur:

[1] Gläser, Waltraud (2018): Woher kommt der Begriff „VUCA“? URL: https://www.vuca-welt.de/woher-kommt-vuca-2/. Download vom 20.05.2019. 

[2] Evenett, Simon/Höflinger, Ralph/Kammerlander, Nadine/Böhm, Stephan/Hieronymi, Andreas (2015): Qualifizierung für die VUCA-Welt. Ein Fachgespräch über Managementbildung in turbulenten Zeiten. In: OrganisationsEntwicklung. Zeitschrift für Unternehmensentwicklung und Changemanagement. Ausgabe 04/2015. Düsseldorf: Handelsblatt Fachmedien. S. 15-20. 

[3] Gebhardt, Birgit/Hofmann, Josephine/Roehl, Heiko (2015): Zukunftsfähige Führung. Die Gestaltung von Führungskompetenzen- und systemen. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung.

[4] Groth, Torsten (2017): 66 Gebote systemischen Denkens und Handelns in Management und Beratung. 2., überarbeitete Auflage. Heidelberg: Carl-Auer.

[5] Welpe, Isabell/Brosi, Prisca/Schwarzmüller, Tanja (2018): Digital Work Design. Die Big Five für Arbeit, Führung und Organisation im digitalen Zeitalter. Frankfurt/New York: Campus.

[6] Scharmer, Otto Claus (2009): Theorie U – von der Zukunft her führen. Heidelberg: Carl-Auer.  

[7] Doppler, Klaus/Lauterburg, Christoph (2000): Change Management. Den Unternehmens-wandel gestalten. 9. Auflage. Frankfurt/New York: Campus.

[8] Boyett, Jose H/Boyett, Jimmie T (1999): Management-Guide. Die Top-Ideen der Management-Gurus. Wien: Econ

[9] Schmidt, Claudia/Sackmann, Sonja (2018): Change Fitness Studie 2018. Eltville: Mutaree

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